"Bald mehr Lampen als Schüler"
Jürgen Becker begeisterte in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums
Kabarettist frotzelte über den "rheinischen Kapitalismus" und dicke Kinder. Leverkusen ist für ihn ein Schmelztiegel, aus dem viele Kollegen hervorgegangen sind.
VON JAN STING, Quelle: Leverkusener Anzeiger vom 20.03.2006
"Der kommt ja vom Hölzchen auf' s Stöckchen, auf' s Stöckchen und noch ein Stöckchen. Ist aber schön." Die Begeisterung über den Kölner Kabarettisten Jürgen Becker, war in der Pause unüberhörbar. Vor allem war es ein sympathischer Zug, dass er sein Programm "Da wissen Sie mehr als ich . . ." für "ömesöns" in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums vortrug. Der Erlös der Benefizveranstaltung kommt dem Eine-Welt-Kreis der Schule zugute, und mit Beckers Ausführungen zur Entstehungsgeschichte des "Rheinischen Kapitalismus" ergänzten sich das Kabarett und der karitative Gedanke bestens.
Schnell ausverkauft
Wenn ihm ein Projekt gefällt, dann ist Becker gerne bereit, es zu unterstützen. "Letztens war ich im Hövi-Land - bei der Katholischen Kirche", erklärt er. Dort unterstützte er Pfarrer Franz Meurer und sein engagiertes Projekt für sozial benachteiligte Kinder aus Höhenberg und Vingst. Sein Besuch in Leverkusen dürfte wiederum an der Lise-Lehrerin Margot Schlömer liegen, mit der er als Sechsjähriger in Köln gemeinsam die Schulbank drückte. Man verlor sich aus den Augen, traf sich wieder, und als die ihm eine Mail mit der Anfrage schickte, ob er den Eine-Welt-Kreis unterstützen wolle, kam erst einmal drei Monate gar nichts. Dann sagte er zu. Und flugs war die Veranstaltung ausverkauft.
Im Gespräch nennt Becker Namen wie Wilfried Schmickler, Klaus D. Huber und Wolfgang Müller-Schlesinger, schwärmt vom Schweinesaal und meint, dass Leverkusen als Schmelztiegel der Kunst des Kabaretts gut tue. "Die Chemie stimmt." Auch die Arbeit des Kulturausbesserungswerks, das quasi die Nachfolge des ehemaligen Wiesdorfer Schweinesaals angetreten hat, gefällt ihm. Und nach wie vor schätze er die Jazztage. Nichtsdestotrotz frotzelte er auf der Bühne ein bisschen über Leverkusen als "Ausland". Immerhin war er mit der Beleuchtung in der "Lise" zufrieden. Im Lampenbereich sei man ja ganz weit vorne.
Schnoddrig den Bogen vom Banalen zum Weltläufigen zu spannen, das beherrscht Becker mit Bravour. "Wenn das mit der Bevölkerungsentwicklung so weitergeht, haben wir bald mehr Lampen als Schüler", folgerte der Kölner, der seine Heimatstadt gerne als "Biotop für Bekloppte" bezeichnet. Und dann beruhigte er wieder: Auch wenn in Frankreich die Frauen durchschnittlich 1,97 Kinder zur Welt brächten, und in Deutschland nur 1,36, laufe es mengenmäßig doch auf das gleiche Maß hinaus. Schließlich gebe es hierzulande genügend dicke Kinder.
Seit Jahren unterstützt man eine Leprastation in Tansania, die mittlerweile auch HIV-Station ist. Und in der Leverkusener Partnerstadt ist der Eine-Welt-Kreis, in dem derzeit 1300 Schüler mitmachen, aktiv. Drei Schulen unterstützt man dort. Monika Döllscher und Wiete Godthardt vom Eine-Welt-Kreis freuten sich besonders über die Unterstützung. Wenn Promis im großen Stil für einen guten Zweck auf die Bühne gehen, wie es in Fernseh-Galas geschieht, dann kann Becker damit leben. Eine wie die stets wie aus dem Bilderbuch gekleidete Unesco-Sonderbotschafterin Ute Ohoven müsse man ja nicht mögen. Aber: "Geld stinkt nicht."