Tonnenschwerer Koloss - aber elegant

 

Montage einer weiteren Fußgängerbrücke am Gelände der Landesgartenschau

Die Neulandbrücke" ist komplett und Blickfang und Wahrzeichen zugleich. Doch waren die Vorgaben für den Architekten gar nicht so einfach.
VON JAN STING ,
Quelle: Leverkusener Anzeiger vom 2.8.2004


Es war die Stunde des Staunens. Väter und Söhne fachsimpelten, Videokameras surrten leise vor sich hin, und weil die Rheinallee zwischen ihren beiden Kreiseln für ein paar Stunden gesperrt war, herrschte wunderbare Stille, als die bislang so genannte Neulandbrücke am Samstag komplettiert wurde. Die vielen Schaulustigen kamen zu Fuß oder mit dem Rad und machten es sich in den Böschungen am Rand der Rheinallee bequem, um sich das Schauspiel aus nächster Nähe anzuschauen. Für den Kran der Firma Colonia war das tonnenschwere letzte Einzelteil, das nun den Rheinanleger mit dem Gelände der Landesgartenschau verbindet, ein Leichtes. Gut 500 Tonnen hätte der Turmhohe Stahlkoloss tragen können. Wie die Schale einer Waage schwebte der filigrane Stahlbogen über der Straße, wurde mit Seilen justiert und punktgenau auf die Brückenpfeiler gesetzt.

Ab und zu knisterte ein Schweißgerät und mit professioneller Gelassenheit gaben sich die sächselnden Monteure der Leipziger Firma IMO Industriemontagen kurze Befehle, bis die Brücke an ihrem für sie bestimmten Platz saß. Für die Landesgartenschau soll das 160 Meter lange Bauwerk gleichsam Wahrzeichen und Blickfang sein. Das Laga-Blau der Brücke findet sich auch auf der "Prinzbrücke" nahe Autobahnbrücke und der Bayer-Rohbrücke über die Hauptstraße wieder.

Die bayrische Stahlbaufirma Maurer, welche Anfang der siebziger Jahre im Münchner Olympiastadion die Zeltdachkonstruktion umsetzte, hat das neue Leverkusener Stahlkonstrukt gefertigt. Wegen der geschwungenen Form und der Breite der Stahlteile war ein Sondertransport erforderlich. Insgesamt 100 Tonnen wiegt der Stahl. Sieht man die Brücke jetzt als Ganzes, wirkt sie dagegen regelrecht zierlich. Und das war auch die Absicht des Neusser Architekten Ercan Agirbas. "Für mich ist sie Sinnbild für die Fragilität des Ortes, für die Geschichte der Altlast. Die Landschaft ist aufgeschüttet." Also sollte sich das Bauwerk nicht wie ein gefräßiger Tatzelwurm durch die einstige Industrielandschaft schlängeln, sondern behutsam in die Silhouette fügen. Gleichzeitig muss sie alle Funktionen erfüllen, den Bogen vom Rhein über die Straße ins Grün schlagen. Agirbas kann ein Liedchen davon singen, was beim Entwurf der Brücke alles zu berücksichtigen war: Es sollte Platz für die Brückenbenutzer sein, so dass sie auch einmal stehen bleiben und sich das Panorama anschauen können. Außerdem müssen Laster unter ihr durchfahren können und trotzdem soll sie sich so stetig aufschwingen, dass kein Fußgänger ins Schwitzen gerät. Angesichts der Vorgaben der Topographie hatte der Architekt nur wenig Spiel, um die Pfeiler zu setzen. Das war schwierig. Alles in allem dürften es aber die besten Voraussetzungen gewesen sein, um neue Wege in der Formsprache zu gehen. Für Projektleiter Ulrich van Acken ist die Konstruktion aus Stahl denn auch die ungewöhnlichste Brücke, mit der er es in seinem Job bislang zu tun hatte.

Druckversion | Sitemap
© Textsting